Ein Steinbächer Kleid kehrt in das Eichsfeld zurück
Verfasser: Peter Anhalt
Monika Hausin geb. Weber, Jahrgang 1950, lebt in Oldenburg und war als Lehrerin tätig. Ihr Opa und auch ihre Oma kamen aus Steinbach. Da ihr Opa Augustin Weber (1886–1953) Bahnassistent war, lebte die Familie in Verden, später in Hildesheim.
Seit Jahren hatten sich im Oldenburger Kleiderschrank ein Festkleid und ein Paar Schule erhalten. Monika Hausin bekam diese Dinge einst von ihrer Oma Anna Weber geb. Reimann (1889–1971) geschenkt. Anna wurde im heutigen Nolte-Haus in der Gasse geboren. Doch auch Anna hatte dieses Kleid geschenkt bekommen, es ist also noch eine Generation älter und wurde wohl um 1890 geschneidert. Es könnte von Christina Reinmann geb. Schneider (1860–1942) aus der Gasse stammen, oder aus dem Besitz der Weberfamilie sein, die seit Generationen als Schmiede in Steinbach ihr Brot verdiente. Auf jeden Fall hat das aus Atlasseide geschneiderte Kleid städtischen Charakter und ist mit Sicherheit nicht von einem Steinbächer Schneider hergestellt worden. Falls es aber bei festlichen Anlässen in diesem Dorf getragen wurde, muss es bewundernde Blicke hervorgerufen haben. Für Monika Hausin stellt dieses Kleid die Verbindung zu ihren Vorfahren her und so hat sie es immer wie einen Schatz gehütet.
Es handelt sich um ein zweiteiliges, hochgeschlossenes, bodenlanges Kleid in dunklem Weinrot. Die Besitzerin muss eine sehr schlanke Frau gewesen sein – ähnlich wie Monika Hausin, der es perfekt passt. Das taillierte Oberteil ist mit Korsettstangen verstärkt, um die Taille zu betonen. Die langen Ärmel enden an den Handgelenken mit weißer Spitze. Der vordere Teil des Rocks ist schlicht gehalten (vermutlich für das Tragen einer Schürze), während die Rückseite kunstvoll in Falten gelegt ist und schleppenartig ausläuft. Auf der linken Seite befindet sich eine verdeckte Tasche, und der Saum des Kleides ist mit einer Besenborte verziert.
Zur Ausstattung gehören weiter schwarze Lederschnürstiefeletten mit Absatz und Salamander-Logo. Die Schuhe sind vermutlich zwei Jahrzehnte jünger als das Kleid und als gut erhaltenes Paar wohl eine der frühesten industriell gefertigten Damenschuh-Modelle.
Kleid und Schuhe finden zurück nach Steinbach und gelange als Schenkung in des Eichsfeldmuseum
Monika Hausin ist eine verantwortungsvolle Frau. Sie weiß, dass die Geschichte des Kleides und auch das Kleid selbst irgendwann verloren gehen könnten, wenn sie nichts unternehmen würde. So recherchierte sie im Internet und fand über die Adresse des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde den Vorsitzenden und Steinbächer Ortschronisten Peter Anhalt. Der interessierte sich natürlich für den besonderen Schatz und plante bald darauf eine Reise nach Oldenburg. Familie Hausin war über den Besuch herzlich erfreut. Alte Dokumente wurden herausgesucht, Bilder betrachtet, die Familiengeschichte erkundet und schließlich die Kleidungsstücke übergeben.
Anhalt nahm Kontakt mit Dr. Gideon Haut, dem Direktor des Eichsfeldmuseums, auf und vermittelte die Schenkung des Kleides an dieses kulturhistorische Museum. Dort wird es fachgerecht inventarisiert und eingelagert. Natürlich soll das Kleid nicht dauerhaft im Depot verbleiben: Dr. Haut plant, es bei passenden Ausstellungen zu präsentieren.
____________________________________________________________________________________
Sonderausstellung
In der Zeit vom 09. bis zum 17. November 2024 gibt es eine Sonderausstellung im Eichsfeldmuseum zum Thema: Mauerfall und Grenzöffnung im Eichsfeld, die ich allen ans Herz legen möchte.
Die Museumsmitarbeiter haben eine Vielzahl von Dingen zusammengetragen, die uns 35 Jahre zurück in die Geschichte reisen lässt. In eine Zeit die manche schon vergessen haben.
Eine Besonderheit gibt es noch: am 09. und 10. November führen die Museumsmitarbeiter originale Film- und Audioaufnahmen vor. Dieses aber nur in der Zeit jeweils 14:30 Uhr und 15:30 Uhr.
——————————————————————————————————————————–
14.11.2024 Donnerstag, 19:30 Uhr, Vortragsabend im Eichsfeldmuseum.
„Die Geschichte der Brauerei Ständer in Heiligenstadt“
1867 gegründet
1880 J. Ständer Brauerei
um 1900 C. Ständer Dampfbierbrauerei
um 1955 VEB Brauhaus Heilbad Heiligenstadt
1990 Brauhaus Heiligenstadt
Referent: Wolfgang Gran.
Bei dieser Veranstaltung kann Bier erworben und verkostet werden.
Wenn Sie noch nicht Mitglied des HGMV sind, dieses aber werden möchten, dann finden Sie auf dieser Homepage unter „Mitglied werden“ alle nötigen Unterlagen.
—————————————————————————————————————————-